
Die Kritik bei WAZ-Online
Auf der Suche nach dem achten Rodin
Der Duisburger Siegmar Wyrwich hat einen Roman um eine Skulptur August Thyssens veröffentlicht
von Thomas Becker
Der 1926 auf Schloss Landsberg verstorbene Stahl-Baron August Thyssen bewies als steinreiches und zutiefst geiziges Unternehmer-Genie durchaus Ähnlichkeiten mit der Comic-Figur Dagobert Duck. Doch dass der König der Hochöfen noch einmal in einem Roman auftauchen sollte, damit war nun nicht zu rechnen. Der in Hamborn aufgewachsene Autor Siegmar Wyrwich hat jetzt mit "Der achte Rodin" eine spannende kleine Geschichte veröffentlicht, die ideenreich und mit einem kumpelhaften Tonfall mit den historischen Fakten spielt. Dazu gibt es Begegnungen und Orte wie etwa der Landschaftspark Nord, die dem Duisburger Leser sehr bekannt sind.
Der Gästeführer Paul Werner und sein Freund Manni Baumann, Ruhrgebiets-Jungs von nebenan, haben bei der Entrümpelung eines Dachbodens eine geheimnisvolle Notiz in einem alten Tagebuch entdeckt. So finden die beiden Freunde einen Hinweis darauf, dass August Thyssen zwischen 1905 und 1908 bei Auguste Rodin neben seinen heute in der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid zu sehenden sechs Werken und einer weiteren Skulptur für Fritz Thyssen noch eine achte Skulptur bestellt hat, deren Spur sich aber verloren hat. Gelingt es Werner und Baumann, das Geheimnis um eine von Rodin geschaffene Büste von August Thyssen zu lüften?
Selbstverständlich hat sich der Autor zuvorim Thyssen-Archiv umgesehen, um dort den 1966 von Dr. Gertrud Milkereit in der Zeitung "Unsere ATH" veröffentlichten Aufsatz über Thyssen und Rodin einzusehen, in dem das Verhältnis der beiden genialen Persönlichkeiten beschrieben wird. Ganz nebenbei hat Siegmar Wyrwich auch noch die von Günter von Roden 1998 in den "Duisburger Forschungen" festgehaltenen Reisebeschreibungen des Komponisten Maurice Ravel entdeckt, den in Hamborn "Schlösser aus flüssigem Metall, dieser weißglühenden Kathedralen, der wunderbaren Symphonie von Transmissionen, Pfeiftönen und furchtbaren Hammerschlägen" begeisterten.
Wie die Suche nach dem achten Rodin dann zuletzt ausgeht, soll hier selbstverständlich nicht verraten werden. Die Leser können sich auf jeden Fall über eine originelle und gut erzählte Geschichte freuen.


